25
Februar
2018

Ältere Arbeits·lose müssen von Sozial·hilfe leben!

Für über 55-jährige arbeit·slose Menschen ist es besonders schwer, wieder eine Arbeit zu finden. Die Schweizerische Konferenz für Sozial·hilfe (Skos) sagt: Wer heutzutage seine Arbeit mit über 55 Jahren verliert, kommt oft in Not.

B1 • Hohenheimer-Index: 18.36 • ⏲: 5-7 Min.

von Melinda Melcher

Lektorat: Laura Heidrich | Produktion: Melinda Melcher | Bild: CC0 | Quelle: sda

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Arbeits·lose über 55 finden oft innert 520 Tagen keine neue Arbeit. In dieser Zeit zahlt die Arbeits·losen·versicherung (ALV) ihren Unterhalt. Danach müssen sie dann Sozial·hilfe beantragen. Warum? Die ALV steuert Arbeits·lose nach Ablauf der 520 Tage aus. Das heisst: Sie bekommen nicht weiter Arbeits·losen·geld.

MEHR ZUR ARBEITS·LOSEN·VERSICHERUNG (ALV)
In der Schweiz muss jeder Arbeiter von seinem Lohn einen Beitrag an die Arbeits·losen·versicherung zahlen. Wenn jemand in der Schweiz seine Arbeit verliert, kann er sich darum arbeits·los melden. Dazu gibt es die Regionalen Arbeits·vermittlungs·stellen (RAV). Nach der Anmeldung erhalten arbeits·lose Menschen ohne Ehe·partner 70% ihres vorherigen Lohns. Verheiratete erhalten 80% ihres vorherigen Lohns als Arbeits·losen·geld. Das Geld bezahlt die Arbeits·losen·kasse.


Über 55-Jährige bleiben häufig auf Dauer arbeits·los. Felix Wolffers ist Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozial·hilfe (Skos). Er hat an einer Medien·konferenz in Bern gesagt: Nicht einmal jede siebte Person über 55 Jahre findet wieder eine Arbeit. Das heisst: Diese Menschen können ihren Lebens·unterhalt nicht mehr selbst sichern. Das ist eine Schande!

SOZIAL·HILFE

Zwischen 2010 und 2016 haben mehr Menschen Sozial·hilfe bezogen. Die Zahl der über 55-jährigen Sozial·hilfe·bezieher hat sogar über 50 Prozent zugenommen. Das heisst: Es bekommen heute etwa doppelt so viele Menschen über 55 Jahre Sozial·hilfe wie noch vor acht Jahren. Insgesamt mussten 20'000 Menschen über 55 Sozial·hilfe beantragen. Therese Frösch ist Co-Präsidentin der Skos. Sie sagt: Der Grund dafür ist nicht allein die gesellschaftliche Entwicklung. Sie meint damit: Es gibt generell immer mehr ältere Menschen. Das alleine ist aber nicht der Grund für die vielen neuen Sozial·hilfe·bezieher über 55. Denn während der Jahre 2010 bis 2016 ist die Zahl der älteren Menschen im Alter von 56 bis 64 nur um 11.6 Prozent angestiegen. Es gibt also nicht 50 Prozent mehr Menschen über 55. Darum kann man diese beiden Prozent·zahlen nicht direkt mit·einander vergleichen. Gemäss der Skos sind wahrscheinlich sogar noch mehr als 20'000 Menschen über 55 arbeits·los. Denn einige dieser Menschen beziehen keine Sozial·hilfe. Der Grund: Sie schämen sich oder sie melden sich aus anderen Gründen nicht an.

WICHITIG
Sozial·hilfe bekommt man erst, wenn man mehrere Schritte durch·laufen hat. Wenn jemand seinen Job verliert, zahlt ihm die Arbeits·losen·versicherung zuerst 520 Tage lang Geld. Danach kann diese Person Sozial·hilfe beantragen. Dafür darf sie aber nicht mehr als 4000 Franken Ersparnisse haben. Hat die Person mehr Geld als 4000 Franken zur Verfügung, muss sie dieses Geld zuerst auf·brauchen. Erst dann darf diese Person Sozial·hilfe beantragen.


ÄLTERE ARBEITS·LOSE SIND ALLEIN·GELASSEN

Über 55-jährige arbeits·lose Menschen sind mit ihren Problemen oft ganz allein. Wenn die Arbeits·losen·kasse nicht mehr zahlt, sind diese Menschen nämlich ohne Betreuung. Das heisst: Nach der Aus·steuerung bekommen sie kein Geld und keine Begleitung durch die Regionalen Arbeits·vermittlungs·stellen (RAV) mehr. Dann verlieren diese Menschen meist den sozialen Halt. Das heisst: Sie haben keine Aufgabe mehr. Oft fehlt ihnen auch der Kontakt zu anderen Menschen. Und niemand betreut sie. Das ist für diese Menschen nicht gut. Es ist sogar schädlich für Ihr Wohl·befinden.

Skos-Präsident Wolffers sagt: Dass diese Personen so allein·gelassen sind, ist für sie und für die Wirtschaft schädlich. Das haben diese Menschen nicht verdient. Denn sie haben ihr Leben lang gearbeitet.

DIE SKOS WILL ETWAS ÄNDERN

Die Skos fordert: Über 55-jährige arbeits·lose Menschen sollen länger Arbeits·losen·geld bekommen. Sie dürfen nicht nach 520 Tagen aus·gesteuert werden. Und sie müssen bis ins Pensions·alters von der ALV Unterstützung erhalten. Der Skos-Präsident sagt: So erhalten sie die nötige menschliche Betreuung und finanzielle Unterstützung. Diese Regelung soll aber nur für Personen gelten, die mindestens 20 Jahre gearbeitet haben. Ebenfalls müssen sie ihre Stelle im Alter von 55 Jahren oder später verloren haben. Wer diese Kriterien erfüllt, soll bis zum Pensions·alter Arbeits·losen·geld zum Leben bekommen. Wer diese Kriterien nicht erfüllt oder aus anderen Gründen nicht arbeiten kann, ist von dieser Regel aus·geschlossen.

Der Skos-Präsident sagt auch: Wir verlangen, dass die ALV für die Verlängerung der Betreuung bezahlt. Dafür muss aber das Arbeits·losen·gesetz angepasst werden. Die Skos macht diesen Vorschlag: Die jetzigen Ergänzungs·leistungen kann man als Basis der Gesetzes·änderung nehmen. Ergänzungs·leistungen sind auch Sozial·leistungen. Sie helfen Menschen, die mit ihrer Rente allein nicht genug Geld zum Leben haben. Wenn das Arbeits·losen·gesetz so geändert wird, müssen über 55-jährige Arbeits·lose nicht mehr all ihre Ersparnisse bis 4000 Franken auf·brauchen. Sie bekommen dann wie andere not·leidende Menschen zusätzliche Unterstützung. Das Geld dafür bezahlt die ALV.

Der Skos-Präsident erklärt zudem, dass diese Lösung gar nicht viel kostet. Er erklärt: Es ist einfach. Die Wirtschaft steuert, ob es Zusatz·kosten bei der ALV gibt. Denn wenn die Firmen wieder Menschen über 55 anstellen, entstehen keine Kosten. Wenn die Wirtschaft aber so weiter·macht, dann wird es teuer.

Der Skos-Präsident sagt zudem, dass die Regionalen Arbeits·vermittlungs·stellen (RAV) eine wichtige Rolle haben. Warum? Wenn immer mehr ältere Menschen zu den RAV kommen, dann müssen die Arbeits·vermittlungs·stellen Lösungen für diese Menschen schaffen. Der Skos-Präsident hofft jetzt darauf, dass die RAV dieses Problem erkennen und zu lösen beginnen.

WIRTSCHAFTS·MINISTER STARTET INITIATIVE

Das Staats·sekretariat für Wirtschaft (SECO) kennt das Problem der über 55-jährigen Arbeits·losen. Die Regionalen Arbeits·vermittlungs·stellen sind nämlich dem SECO unterstellt. Das heisst: Die SECO muss grundsätzlich Lösungen für die RAV ausarbeiten. Bis jetzt hat die SECO aber noch keinen Kommentar zu dem Thema abgegeben. Der Wirtschafts·minister Johann Schneider-Ammann kümmert sich jetzt selbst um das Problem. Er hat eine Initiative gestartet. Mit dieser will er vor allem bewirken, dass zuerst Menschen aus der Schweiz für offene Stellen angestellt werden. Und er will mit der Initiative auch erreichen, dass ältere Menschen wieder eine Arbeit finden.

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